Reseller befähigen, sich selbst zu helfen

Beratungsintensive und komplexe Software in der eigenen Region zu verkaufen, ist schon eine Herausforderung – dies weltweit zu tun, ist für kleinere und mittlere Softwarehersteller allein nahezu unmöglich. Die Lösung auf diese Herausforderung sind lokale Händler, die die Sprache des Kunden sprechen, lokale Anforderungen und Gegebenheiten kennen und verstehen und die Software durch Add-ons weiter veredeln. Dieser Artikel betrachtet die Abwicklung der Erstellung, Lieferung und Abrechnung der Lizenzen an den lokalen Händler.

Bei diesem Thema können wir nicht nur aus der Erfahrung unserer Kunden reden, sondern auch aus der eigenen Erfahrung als Wibu-Systems. Wir verkaufen unsere CodeMeter Lizenzen an unsere Niederlassungen und Partner weltweit und diese verkaufen sie weiter an Sie als Softwarehersteller. Wie viele Softwarehersteller setzen wir auch auf Abonnementmodelle, auf die wir in der Folge vor allem bei der Abrechnung im Detail eingehen.

Produktion „Auf Lager“

Eine mögliche Strategie ist es, Lizenzen vorab zu produzieren und diese beim Händler auf Lager zu legen. Diese Strategie hat einen großen Vorteil: Sie haben die gleichen Workflows wie bei Hardwareprodukten. Sie produzieren, legen diese auf Lager und versenden sie an Kunden und Händler. Der Händler kann dabei selbst entscheiden, welche Artikel er bestellt und ob er sie gegebenenfalls selbst in ein Zwischenlager legt. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Produktion Ihrer Lizenzen durch Ihre Produktion erfolgt; das klingt logisch und ist ziemlich old-fashioned.

Aus meiner Erfahrung überwiegen die Nachteile. Erstens versteht jeder Händler, warum er eine Hardware bei Erhalt bezahlt, die eher seltenen Fälle von Kommissionsware mal ausgenommen. Bei Software erwartet aber jeder, dass diese erst bei Verkauf an den Anwender berechnet werden soll. Zweitens ist der Start des Garantie-, Wartungs- oder Abonnementzeitraums bei Produktion komplett unklar und erfordert einen zusätzlichen Rückkanal. Und als dritter Nachteil ist die Kombinatorik bei komplexen Lizenzen zu sehen. Welche Kombination der Lizenzen legt man auf Lager? Oder erzeugt man lieber einzelne Lizenzen für jede Funktion? Die Gefahr, nicht auf Lager zu haben, was man gerade benötigt, ist ebenso hoch wie die Gefahr, sich unverkäufliche Ladenhüter einzufangen.

Produktion „Nach Auftrag“

Die Alternative liegt auf der Hand. Der Händler bestellt die Lizenz in einer von ihm gewünschten Konfiguration. Dieser Auftrag wird bei Ihnen im ERP-System erfasst und löst die Produktion der individuellen Lizenz aus.

Die Vorteile sind klar: Rechnung bei Auftrag, keine „falschen“ Lizenzen auf Lager, analoge Prozesse zu individuell konfigurierter Hardware, Garantie-, Wartungs- oder Abonnementzeiträume stehen bei Produktion bereits fest.

Es gibt aber auch einen bedeutenden Nachteil: Je nach Ihren Prozessen und einem Zeitzonenverzug vergehen von Bestelleingang über Auftragserfassung und Produktion bis zur Lieferung einige Stunden bis zu Tagen.

Punktesystem

Nicht verschweigen möchte ich Ihnen die Option eines Punktesystems. Der Kunde bzw. Händler kauft bei Ihnen eine Menge an Punkten. Funktionen in der Software haben entsprechende Wertigkeiten. Sie produzieren die Punkte voran „auf Lager“. Der Händler legt sich einen Vorrat zu. Bei Konfiguration der Software werden die Punkte vom Händler auf den Kunden übertragen.

Persönlich bin ich kein Freund einer solchen Lösung, da hier vor allem die Transparenz, welches Feature wie oft verkauft wurde, verloren geht. Auch sind Abonnement- und Wartungsverträge schwer abzubilden. Ein Nachweis des Garantiezeitraums wird komplizierter. Supportprozesse wie „verlorene Punkte“ erhöhen die Komplexität um ein Vielfaches. Implementieren kann man dies alles natürlich mit CodeMeter und Anwendungsfälle für erfolgreiche Projekte liegen vor. Lassen Sie uns aber erst eine vierte Alternative anschauen, bevor Sie eine finale Entscheidung treffen.

Erzeugung „Bei Bedarf“

Aus meiner Sicht die modernste und flexibelste Lösung ist es, Ihren Händlern die Möglichkeit zu geben, die Lizenzen bei Bedarf („on demand“) zu erzeugen. Das ist auch die Lösung, die wir als Wibu-Systems für unsere eigenen Lizenzen umgesetzt haben. Natürlich unter der Verwendung von CodeMeter, CodeMeter License Central und CodeMeter License Portal.

Der Händler erzeugt die Lizenz im CodeMeter License Portal, was diese im Hintergrund in CodeMeter License Central anlegt. Im eigenen Einsatz legt unser Händler den Softwarehersteller, also Sie, als Kunde im Portal an und weist dem Kunden die Lizenz ganz automatisch zu.

Das Anlegen der Kunden im Portal ist für den kompletten Prozess optional, vereinfacht aber viele Vorgänge für den Hersteller, den Händler und den Kunden. Außerdem erhalten Sie als Hersteller damit die Information, welcher Kunde Ihre Software einsetzt. In unserem Merkblatt zu den CodeMeter Produkten und DSGVO (GDPR) finden Sie die rechtlichen Grundlagen für die Erfassung dieser Daten, wie z.B. minimale Datenerfassung, berechtigtes Interesse oder die Möglichkeit der Löschung.

Dieses Szenario vereint die Vorteile aller oben genannten Verfahren: Die Lizenzen sind flexibel, termingenau und sofort verfügbar. Die Abrechnung erfolgt erst nach Erstellung. Zeiträume, z.B. für Abonnements, werden automatisch und ohne Sonderprozess korrekt erfasst. Natürlich werden Sie sich fragen, welche Nachteile dieses Vorgehen hat. Lassen Sie uns zwei Aspekte anschauen: Rechte und Abrechnung.

Rechte für den Händler

Sie geben Ihren Händlern die Berechtigung, selbst Lizenzen zu erstellen. Durch das CodeMeter License Portal können Sie hierbei für jeden Händler einzeln festlegen, welche Lizenzen bzw. Lizenzkonfigurationen der Händler selbst erstellen kann. Dabei können Sie auch Wertebereiche für einzelne Parameter vorgeben, z.B. die minimale und die maximale Laufzeit eines Abonnements. Der Händler kann zwar Lizenzen erstellen, aber Sie sehen, in welchen CmContainer die Lizenz aktiviert wurde und können bei unberechtigter Nutzung alle Optionen der CodeMeter License Central, wie zum Beispiel Rückruf oder Blacklisting, nutzen.

Als Bonusoption ist ein Punktesystem für die Berechtigung der Erstellung von Lizenzen möglich. Dann geben Sie Ihrem Händler nur die Berechtigung, eine bestimmte Anzahl oder einen bestimmten Wert an Lizenzen zu erstellen. Im Gegensatz zur Option „Punktesystem“, bei der die Punkte an den Händler ausgeliefert wurde, existieren diese Punkte hier nur in CodeMeter License Portal und werden bei Bedarf in richtige Lizenzen umgetauscht. Die Transparenz über die verkauften Lizenzen bleibt somit erhalten. Dieses Punktesystem kann nach Ihren individuellen Wünschen und Anforderungen von unserem Professional Services Team gemeinsam mit Ihnen implementiert werden.

Abrechnung der Lizenzen

Der zweite Aspekt ist die Abrechnung. Wenn der Händler die Lizenz selbst erstellt, landet diese Information zuerst im CodeMeter License Portal und nicht in Ihrem ERP-System. Wir benötigen einen neuen Prozess, um diese Billing-Daten von CodeMeter License Portal an das ERP-System zu übertragen.

Auch hier könnte ein Punktesystem den zusätzlichen Prozess überflüssig machen. Sie verkaufen Punkte an den Händler und rechnen diese über das ERP-System ab. Die Punkte werden produziert und ins Portal geliefert. Dort kann der Händler die Punkte in die gewünschten Lizenzen eintauschen.

Aber: Was ist mit Abonnements? Und hier wird aus dem Nachteil des separaten Prozesses ein großer Vorteil. Ich habe es sehr oft in Projekten erlebt, dass ERP-Systeme keine Abonnements unterstützen bzw. dass dafür umfassende Anpassungen, Konfigurationen und Zusatzmodule erforderlich sind.

Das CodeMeter License Portal erstellt eine Abrechnung über alle im Abrechnungsmonat erzeugten Lizenzen und alle im Abrechnungsmonat gültigen Abonnements. Die Abrechnung kann als Einzelabrechnung pro Kunde bzw. Lizenz erfolgen, aber auch als Sammelrechnung für den Händler. Im Falle der Sammelrechnung wird im ERP-System lediglich die Sammelrechnung erstellt und die Auswertung des Portals dient als Einzelnachweis für die Sammelrechnung. Dies ist zum Beispiel der Prozess, den wir selbst als Wibu-Systems mit unseren Niederlassungen und Partnern implementiert haben. Sie können den Prozess natürlich pro Händler und auch für Kunden unterschiedlich gestalten, wenn Sie das möchten.

Bei der Abrechnung der Abonnements können Sie die Berechnung von anteiligen Abonnements konfigurieren: Die Abrechnung kann tagesgenau erfolgen oder mit einer Stichtagregelung.

Ein interessanter Aspekt vor allem für deutsche Softwarehersteller ist die Abgrenzung in der Buchhaltung. Dort werden Abonnements nicht zum Kaufzeitpunkt bilanziert, sondern im Leistungszeitraum. Abonnements müssen in diesem Fall auf die Geschäftsjahre, was meistens das Kalenderjahr ist, verteilt werden bzw. sogar auf die einzelnen Monate. Daher richten viele deutsche Anbieter die Laufzeit der Abonnements am Kalenderjahr aus. Im internationalen Geschäft ist es aber eher üblich, das Abonnement am Kaufdatum auszurichten. Und genau diese bilanzkonforme Aufteilung des Abonnements auf die Leistungszeiträume übernimmt das Reporting des CodeMeter License Portals automatisch.

 

KEYnote 47 – Ausgabe Frühjahr/Sommer 2024

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